HSG Fraulautern-Überherrn – HSV Herren 1 – 22:25 (15:13) !

17.01.2022
Das lange Leiden

Bereits ein kurzer Blick auf die Vorberichterstattung der Falken ließ erahnen, was die Wölfe in den Fliesen in Saarlouis erwarten würde. Beide Mannschaften sind derzeit verletzungsbedingt gebeutelt und konnten das Spiel nicht in der idealen Besetzung bestreiten. So musste das Rudel zusätzlich zu dem langzeitverletzten Eberhard weiterhin auf Timo Scherer sowie auf Phillip Kewenig verzichten, der im Training umgeknickt war und von Coach Waerder Schonung verordnet bekommen hatte, auch Routinier Erschens war nicht fit. Waerder stockte stattdessen mit Johannes und Zapp aus der Zwooten auf. Die Falken wiederum kamen mit den beiden Trainern Christian Jung und Benny Sauder gerade auf zehn Mann, wobei Schwindling wegen Schulterproblemen derzeit nur auf der Außenposition eingesetzt werden kann.

Zu Beginn gab es ein kurzes Abtasten der beiden Mannschaften. Während die Falken durch gelungene Kreisanspiele, z.T. aber auch aus dem Rückraum – die anfangs sehr defensive Wölfe-Abwehr machte hier zu wenig Druck –ihre Tore erzielen konnte, starteten die Wölfe als wäre die Ersatzbank prall gefüllt und spielten rasant nach vorne. Die Tore wurden in dieser ersten Phase vor allem über die Rückräume Arnold und Becker sowie Altpeter erzielt. Zu häufig warf man in aber unvorbereitet aufs Tor, sodass sich in der ersten Viertelstunde keine der Mannschaften absetzen konnte. Erst als Sven Klein, der für den Siebenmeter den soliden Schattschneider kurz ablöste, Phillip Sauders Wurf parierte und Kapitän Rudolph im Gegenzug seinen Siebenmeter verwandelte, führte das Rudel erstmals mit zwei Toren. Nach knapp zwanzig Minuten gelang nach einem kurzzeitigen Herantasten der Falken erstmals die psychologisch wichtige Dreitoreführung. Es schien, als könnten die Wölfe sich vor der Halbzeit noch einen Puffer erarbeiten. Dann aber machte sich die auf beiden Seiten knappe Personaldecke und die Anspannung bemerkbar und die Situation auf dem Feld eskalierte kurzzeitig: Beim Stand von 10:12 gelang es den Wölfen Kapitän Rudolph am Kreis anzuspielen. Benny Sauder, der sich kurz zuvor eingewechselt hatte, unterbrach aber die Wurfausführung durch ein unschönes Foul. Coach Waerder, der bereits vorher mit einigen Entscheidungen der Unparteiischen gehadert hatte, verlor in diesem Moment dann die Beherrschung, sodass im Endeffekt sowohl Sauder als auch Waerder eine Zeitstrafe bekamen. Da Waerder einen Spieler vom Feld nehmen musste, entschied er sich für Rudolph, der nach dem Foul behandlungsbedürftig war. Die angespannte Atmosphäre in den Fliesen, man konnte das Knistern in der Luft förmlich spüren, entlud sich direkt im nächsten Angriff. Henkel stoppte P. Sauder hart, als beide Spieler nach dem Ball greifen wollten, kam es zu einer Art griechisch-römischen Ringkampf. Der Unparteiische Iversen reagierte sofort und schickte beide Spieler vom Feld. Als Sascha Becker kurz darauf dann auch noch eine Zeitstrafe kassierte, mussten die Wölfe mit drei Mann weiter spielen. Die Falken spielten ihre andauernde Überzahl jetzt gnadenlos durch, glichen erst aus und gingen dann durch einen Siebenmeter von Poncelet und ein Gegenstoßtor von Schwindling in Führung. Als Balthasar unmittelbar nach dem Wiederanpfiff auf drei erhöhte, tobte die Fliesenhalle.

Doch der Personalmangel der Falken machte sich nun bemerkbar. Denn während sich auf den Seiten der Gastgeber die technische Fehler häuften – bereits in Halbzeit eins hatte man mehrfach den Ball wegen falschen Anwurfs an die Wölfe abgeben müssen – lief Leitwolf Rudolph nun zu Höchstform auf. Dass die Merziger Abwehr mit Rudolph steht und fällt, ist ein offenes Geheimnis, an diesem Abend erinnerte Rudolph aber auch wieder daran, dass er ein begnadeter Kreisläufer ist und über eine enorme Leidensfähigkeit verfügt. Jedes Kreisanspiel, das ankam, war ein Tor oder ein Siebenmeter. Und die Siebenmeter verwandelte Rudolph, egal wie hart er zuvor gefoult worden war, alle persönlich. Auch Sascha Becker hatte, wie immer, wenn er gegen seinen A-Jugendtrainer Christian Jung und seine ehemaligen Mitspieler Schwindling und Balthasar spielt, einen sehr starken Abend und war extrem motiviert. Gepaart mit einem souveränen Sven Klein, der in der zweiten Halbzeit die Pfosten hütete und den zunehmenden Unkonzentriertheiten der Falken, eroberten sich die Wölfe so erst die Führung und setzen sich dann Stück für Stück ab. Rudolph zeigte an diesem Abend, dass er als Spieler und vor allem als Kapitän gereift ist: Auch von einem weiteren bösen Foul von Balthasar in der fünfzigsten Minuten bei Stand von 19:21 ließ er sich nicht mehr beirren oder provozieren, sondern erhöhte per Siebenmeter auf 19:22 und im nächsten Angriff auf 19:23. Als Christian Jung dann auch noch vom Feld musste war der Drops gelutscht. Dass Rudolph dann noch zwei Minuten vom Feld muss und den siebten Siebenmeter nicht mehr trifft – geschenkt, am Ende bleibt den Falken nur noch Ergebniskorrektur. Die Wölfe zeigen sich insgesamt cooler, profitieren aber auch stark von selbstverschuldeten Fehlern der Falken. Am Ende nimmt man die zwei Punkte dankbar mit und positioniert sich vorläufig im Mittelfeld der Saarlandliga. Weder nach oben noch nach unten ist der Abstand sonderlich groß. Dass mit der HSG Nordsaar am Samstag der Tabellenletzte im Thielspark gastiert, will nichts heißen. Auch hier werden die Wölfe sich ihre Punkte verdienen müssen.

Bild: Letzte Auszeit in Minute 59. Coach Waerder gibt nochmal die Marschrichtung vor.

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