Das ungeliebte Kind – Halbfinal-Final-Four in Merzig !

16.01.2020
Das ungeliebte Kind – Halbfinal-Final-Four in Merzig
Kommentar

Seit Langem steht der Pokal des saarländischen Handballverbandes bei den Vereinen in der Kritik: Zu unattraktiv, zu belastend neben dem eigentlichen Ligabetrieb, sei der Hyundai Auto Weis Pokal, wie er mittlerweile heißt, geworden und zudem reformbedürftig. Die Kollegen von Erste Welle haben sich mehrfach mit der Thematik auseinandergesetzt. Der HSV Merzig-Hilbringen hat sich in den vergangenen Jahren stets zum Pokal bekannt und bis zur Auflösung der dritten Herren (mangels Spielern), sogar mit allen drei aktiven Mannschaften teilgenommen. Denn für zweite und (z. T. auch dritte) Mannschaften war die Qualifikationsrunde des Turniers lange eine Möglichkeit, vor der Saison noch einmal zu testen und mitunter auch gegen Mannschaften aus anderen Ligen oder Staffeln zu spielen. In diesem Jahr, da endlich der Termin passte, hatte der HSV sich sogar erfolgreich für die Ausrichtung eines der beiden Halbfinals beworben. Was bleibt, ist die Enttäuschung: Nicht über das Ausscheiden der Wölfe aus dem Pokal, das sportlich vollkommen gerechtfertigt war, sondern über den Verlauf des Turniers, der deutlich gezeigt hat, wo die Prioritäten der meisten Vereine eben mittlerweile liegen.
Ein paar Tage vor dem Halbfinale sagte der amtierende Tabellenführer der Saarlandliga, der TV Homburg, das Halbfinale ab, weil er keine spielfähige Mannschaft habe. Eine Nachnominierung einer anderen Mannschaft wollte der HV Saar aufgrund der Kurzfristigkeit der Absage nicht mehr durchführen, sodass die Veranstaltung in Merzig mit drei Mannschaften stattfinden musste. Um weitere Enttäuschungen bei den Handballfans zu vermeiden, meldete sich SV 64 Trainer Stefan Bullacher sogar noch mal vorab über Social Media und wies daraufhin, dass auch wenn nominell die erste Mannschaft des SV ins Halbfinale eingezogen sei, der RPS-Kader nicht zum Turnier in Merzig erscheinen werde, so wie auch in den vorangegangenen Partien nicht mit der Oberliga-Truppe gespielt wurde. Gespielt wurde hier immerhin mit offenen Karten und wie das Ergebnis zeigt, hat die Leistung der Rosenstädter trotzdem gereicht, um ins Finale einzuziehen. Da dürfte man übrigens, sofern man denn will, mit dem RPS-Kader spielen. Denn Zweibrücken hat das Beste aus dem Festspielparagrafen gemacht, einer eigentlich gut gemeinten Regelung, die den Pokal nicht unbedingt attraktiver macht: Ein Spieler darf nur in einer aktiven Mannschaft am Pokal teilnehmen. Wer also, wie die Wölfe, seine zweite Mannschaft meldet, kann im weiteren Verlaufe des Pokals nicht mehr auf deren Spieler zurückgreifen. Dies mag mit ein Grund für die zahlreichen Absagen von Mannschaften mitten im Pokal sein. Bleibt der sportliche Erfolg aus, verletzen sich Leistungsträger, sinkt die Motivation noch mehr Spiele auszutragen, wird niemand den Pokal den Pflichtspielen vorziehen – zu Saisonbeginn sind die Vereine häufig noch optimistisch und die Kader breit. Wenn sich diese dann aber im Laufe der Saison ausdünnen, ist die Versuchung schnell da, sich vom „ungeliebten Kind“ Pokal zu trennen und nur noch das „Kind Ligabetrieb“ im Auge zu halten.

Was das aus der Veranstaltung macht, zeigte sich an den Zuschauerzahlen und der Stimmung in Merzig. Doof für die Beteiligten, sowohl von den Vereinen als auch vom HV-Saar, die sich viel Mühe gegeben hatten, ein ansprechendes Turnier für alle Handballfans zu organisieren und dann ihren Sonntag in einer halb leeren Halle verbrachten. Konsequenzen wird dies wohl leider kaum haben. Schade, denn solche kurzfristigen Absagen machen es wiederum unattraktiv, sich zukünftig für die Ausrichtung eines der beiden Halbfinals zu bewerben. Immerhin den Gästen aus St. Ingbert darf man da ein Kompliment aussprechen. Die machten nämlich zwischenzeitlich ordentlich Stimmung und waren auch tatsächlich gekommen, um dieses Turnier zu gewinnen und nicht um irgendwas zu testen oder auszuprobieren. Und eben dann, wenn die Mannschaften, die antreten, tatsächlich den Willen zeigen, weiterzukommen, dann macht der Pokal Spaß. Es bleibt zu hoffen, dass dies beim Final Four am Ostermontag der Fall sein wird.
Christian Quintes

Turnierbericht

Spiel 1 HSV Merzig/Hilbringen – SV64 Zweibrücken 21:21 (11:9)

Irgendwie will es in diesem Jahr nicht so richtig klappen mit den Wölfen und den Rosenstädtern. Zwar konnte sich das Rudel in der Liga beim zweiten Anlauf (das erste Spiel musste abgebrochen werden, weil die Halle nicht mehr bespielbar war) mit 21:34 deutlich durchsetzen, allerdings war Abwehrchef Rudolph da auch fit und bei Zweibrücken fehlten Till und Nils Wöschler, welche die Gäste nun im Pokal verstärkten. Rudolph stand zwar nominell auf dem Bogen, aber nur, um das Rudel moralisch unterstützen zu können.
Das Spiel – es wurden 2×20 Minuten ohne TTO gespielt mit einer Wechselpause von 2 Minuten – begann sehr ausgeglichen. Zweibrücken eröffnete nach 2 Minuten mit dem 0:1, bis zur zehnten Minute, gab es dann ein Kopf an Kopf Rennen der beiden Teams (5:5, 10. Min.). Beim Rudel zeigten sich hier bereits die Probleme, die letztlich zum Ausscheiden aus dem Turnier führen würden. Absprachen in der Abwehr erfolgten unzureichend, gegen die Rückräume trat man oft zu spät heraus. Bereits in der Liga hatte Tomas Schlegel dem Rudel 7 Hörnchen eingeschenkt, dies gelang ihm nun schon wieder: Pech für die Wölfe, dass Schlegel diesmal auch an der Siebenmeterlinie traf.

Trotzdem gelang es dem Rudel nach einem 6:8 Rückstand das Spiel noch mal zu drehen und kurzfristig zu dominieren. Nach einer Zeitstrafe gegen Till Wöschler kurz vor Halbzeitpfiff konnte man infolge das Überzahlspiel nutzen und die Führung auf 14:10 (24. Min) ausbauen. Diese komfortable Führung konnten die Wölfe aber nicht nutzen. Statt darauf aufzubauen, häuften sich Unkonzentiertheiten, Abschlüsse wurden zu schnell gesucht und unnötige technische Fehler fabriziert. So gelang es den Rosenstädtern bis auf ein Tor heranzukommen, als Till Wöschler erneut eine Zeitstrafe kassierte. P. Henkel konnte den Siebenmeter erfolgreich verwandeln, sodass die Wölfe nach 31 Minuten wieder mit zwei führten und erneut in Überzahl waren. Bedauerlicherweise kassierte Henkel im Gegenangriff der Zweibrücker eine doppelte Zeitstrafe: Damit war die Überzahl weg und die Wölfe mussten selbst noch etwas mehr als zwei Minuten in Unterzahl spielen. So gelang es den Gästen nach knapp 36 Minuten wieder den Ausgleich zum 18:18 zu erzielen. Arnold konnte zwar noch einmal das Rudel nach vorne bringen, im Gegenzug gelang es den Rosenstädtern aber erneut auszugleichen und erstmals in Halbzeit 2 in Führung zu gehen. Letzten Endes war es eine erneute Zeitstrafe, die dem Rudel die Möglichkeit gab, noch mal auszugleichen. Beim Stand von 21.21 waren die Gäste in Ballbesitz, konnten diese aber nicht mehr gewinnbringend verwerten. Der von Schlegel nach Ablauf der Spielzeit ausgeführte Freiwurf traf Niklas Eberhard ins Gesicht. Dies führte zur Schlegels Disqualifikation, hatte aber für den weiteren Turnierverlauf keine Konsequenzen, Eberhard blieb glücklicherweise unverletzt. Dass das Rudel immerhin noch unentschieden spielte, ist auch einer starken Leistung von Schattschneider im Tor zu verdanken, der unter anderem drei freie Würfe entschärfen konnte.

Spiel 2 SV 64 Zweibrücken – SGH St. Ingbert 17:19 (7:11)

Im zweiten Spiel des Tages standen sich dann die Rosenstädter und die SGH St. Ingbert gegenüber. Letztere profitierten davon, dass sie den breitesten Kader des Turniers hatten und gegen die Zweibrücker noch ausgeruht ins Match ziehen konnten. Die starke Abwehrleistung der SGH ermöglichte es der Truppe um Rischar und Rockay recht schnell die Führung zu erobern (Mit 360 Gegentoren hat der Tabellenfünfte St. Ingbert theoretisch die viertbeste Abwehr der Liga, dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass Homburg, 328, und Zweibrücken, 338, zurzeit ein Spiel weniger haben und der ATSV, 356, zuhause harzfrei spielt, so gesehen spielt die SHG abwehrtechnisch ganz oben mit). Nach 15 Minuten – die Rosenstädter mit ihrem Zehn-Mann-Kader hatten nun immerhin bereits 55 Minuten Spielzeit in den Knochen, gelang es erstmals sich auf drei Tore abzusetzen (5:8). Nils Wöschler lief hier noch einmal zur Höchstform auf und brachte den SV auf ein Tor heran, dann aber begannen die St. Ingberter endgültig den Sack zuzumachen und unterbanden konsequent das Zweibrücker Spiel. Mit komfortablen vier Toren Führung ging es in die Halbzeitpause.

Auch die ersten zehn Minuten der zweiten Hälfte gehörten fast ausschließlich der SGH, die z.T. mit 8 Toren führte (29. Min, 8:16). Dafür nahm man in den letzten zehn Minuten der Begegnung deutlich Tempo raus und ließ die Rosenstädter noch mal kommen. Diese arbeiteten sich zwar stetig heran und konnten gegen Ende auf zwei Tore verkürzen, selbst in Überzahl konnte man die SGH aber nicht mehr wirklich unter Druck setzen. Drei weitere Tor reichten, um den Sieg mitzunehmen und mit 17:19 zu gewinnen. Dass der Sieg am Ende doch relativ knapp ausfiel, war wiederum ein deutliches Signal an das Rudel. Um ohne Rechenspiele weiterzukommen, sollte man idealerweise einfach gegen St. Ingbert gewinnen und die durchwachsene Leistung gegen Zweibrücken vergessen machen.

Spiel 3 SGH Sankt Ingbert – HSV Merzig/Hilbringen 23:19 (11:7)

Während nun auch die SGH ohne längere Pause weiterspielen musste, hatte das Rudel mit seinem kleinen Kader etwas länger Gelegenheit zur Regeneration und zur Nachbesprechung des letzten Spiels gehabt. Beide Mannschaften begannen verhalten und erlaubten sich zu Beginn zahlreiche technische Fehler: Man spielte, wie Co-Trainer Warder es später bissig formulierte, in etwa wie der DHB gegen Spanien. In der fünften Minute erlöste Kewenig dann die Zuschauer und konnte den Ball im Netz unterbringen. Die größte Chance der SGH bis dato, ein Siebenmeter, war durch Sven Klein vereitelt worden, der trotz Erkältung eine gute Leistung zeigte. Danach aber zeigte sich schnell das grundlegende Problem der Wölfe Abwehr. Immer wieder gelang es dem Angriff der SGH, Michael Bauer in Schussposition zu bringen. Dieser erzielte, obgleich er zeitweise manngedeckt wurde, zehn Treffer in vierzig Minuten, deutlich zu viel. Zuerst aber konnte das Rudel noch von Bauer profitieren. Nach einer Zeitstrafe gegen diesen konnten die Wölfe noch mal auf 4:4 ausgleichen (11. Min). Kaum dass die Überzahl wieder verschwunden war, verlor das Rudel aber zunehmend den Zugriff auf das Spiel. Hier muss leider offen gesagt werden, dass unseren Spielern der Wille und zum Teil wohl auch die Kondition fehlte. Gegen den aggressiven Angriff der Gegner war die Rückwärtsbewegung unzureichend, die Abwehr zum Teil zu lasch. So gelang es der SGH mit dem Halbzeitpfiff zum 11:7 Halbzeitstand einzutüten.

Die zweite Halbzeit begann verhalten, die Wölfe zeigten sich aber etwas bissiger, sodass es nun auf der Platte knallte. Schwindling musste mit Zwei-Minuten-Zeitstrafe gehen, Zellmer ging gleich ganz mit Rot. Danach stellten die Wölfe, um Bauer endlich in den Griff zu kriegen, auf Manndeckung für diesen um. Und tatsächlich schien dies das passende Mittel zu sein: Über Henkel, Eberhard und zweimal Scherer arbeitete das Rudel sich heran, machte das Spiel endlich breiter und schaffte es auf 15:14 (29. Min) zu verkürzen. Als dann auch noch Rolshausen für zwei Minuten gehen musste und die Wölfe einen Siebenmeter zugesprochen bekamen, schien der Turnover zum Greifen nah.
Stattdessen passierte der Worst Case. Henkel scheiterte leider und die SGH konnte durch Bauer wieder auf zwei erhöhen. Noch hatten sich die Wölfe aber nicht aufgegeben und blieben dran. Und tatsächlich kam es zur erneuten Chance, das Spiel zu drehen. Innerhalb kürzester Zeit stellten die Unparteiischen erst Philip Forster und dann Juraj Urban vom Feld. Die SGH nahm den Torhüter raus um, die Unterzahl kompensieren zu können: Es brachte nichts, erst traf Arnold, dann hatte Keeper Sven Klein aufgepasst und verwandelte vom eigenen Sechsmeterraum: 17:17, 34. Min. Dies war der Zeitpunkt als eigentlich alles möglich war, sich das Spiel aber stattdessen in eine für die Wölfe sehr ungünstige Richtung drehte: Die Unparteiischen fuhren eine harte Linie, mit der das Rudel sich überfordert zeigte: Nach einer Zeitstrafe gegen Arnold, die SGH erhöhte wieder auf 19:17, musste im Anschluss Becker das Feld verlassen, zeitgleich wurde die Bank verwarnt. Bevor Becker wieder auf das Feld durfte, gab es die nächste Strafe, diesmal gegen P. Henkel. Trotzdem gelang es dem Rudel noch mal auf 20:19 (38.) heranzukommen. Bei diesem Spielstand wäre man trotzdem weitergekommen. Nur 11 Sekunden nach dem Anschlusstreffer durch Kewenig musste dann aber auch Timo Scherer das Feld verlassen. Der aus dem Foul resultierende Siebenmeter wurde von Kucher eingenetzt, 21:19. Es blieben den Wölfen noch knapp zweieinhalb Minuten Zeit. Man konnte diese aber, nicht nur wegen der Unterzahl, nicht mehr nutzen. Stattdessen erhöhte die SGH über Forster und Rolshausen auf den 23:19 Endstand. So kam es das, aufgrund der Absage der Homburger, Zweibrücken mit einem Unentschieden, St. Ingbert mit zwei Siegen ins Finale einzogen, während die Wölfe den Ostermontag wahlweise auf der Tribüne oder zuhause verbringen müssen.
Das Turnier zeigte viele der Defizite, die zur Niederlage gegen Nordsaar geführt hatten, erneut auf. Wenn die Mannschaft ihre Position am oberen Ende der Saarlandliga halten will, wird sie an sich arbeiten müssen. Gegen den Tabellenletzten Ommersheim-Assweiler wird man am Samstagabend Gelegenheit haben, den Fans zu zeigen, dass man nun mit dem Kopf endlich aus der Weihnachtspause gekommen ist und bereit ist, als Team zu spielen und zu funktionieren und wenn es sein muss bis zur letzten Sekunde zu fighten.

Herren 1 web_7