20.10.2024
HSG TVA/ATSV Saarbrücken – HSV Merzig/Hilbringen – 33:37 (17:20)
Viele Jahre lang galt die Rastbachtalhalle in Saarbrücken als Bastion. Harzverbot, starke Abwehrarbeit und Tempohandball sorgten dafür, dass die Saarbrücker Löwen zuhause als kaum schlagbar galten. Viele Jahre bissen die Wölfe sich in der Höhle der Löwen die Zähne aus. Gestern aber, als Lukas Schwindling 13 Sekunden vor Schluss von Rechtsaußen zum 33:37 Endstand einhämmerte, war der Bann gebrochen. Die zahlreichen mitgereisten Wölfefans tobten als Nils Goldau dann auch noch den letzten Wurf der Gastgeber abwehren konnte. Auf die Ausführung des gegebenen Freiwurfs verzichteten die Löwen, im Anschluss skandierte das Rudel lauthals den „Auswärtssieg“ und feierte den im Sinne Churchills mit „Blut, Schweiß und Tränen“ schwer verdienten Sieg.
Bereits vor der Partie war klar, dass die Wölfe nicht mit den besten Voraussetzungen in die Partie gehen würden. Arnold fehlte auf dem Feld und durch die Verletzung von Theobald im Pokal war auch der letzte verbliebene Aktiventorhüter nicht mehr spielfähig. Die ganze Verantwortung lastete auf den Schultern unseres A-Jugendtorhüters Nils Goldau, der die Aufgabe, die auf ihn wartete, aber mehr als annahm.
Als Schwindling nach 41 Sekunden vom rechten Rückraum zum 0:1 für die Wölfe eröffnete, begann die erwartet temporeiche Partie auf die Trainer Kinces die Mannschaft zuvor eingeschworen hatte. Der Ausgleich erfolgte zwar unmittelbar, doch der Beginn der Partie gehörte ganz klar den Wölfen, die mehrfach Rudolph am Kreis freispielen konnten und die Saarbrücker Abwehr durch ein schnelles Kreuzen mit dem Außen unter Druck setzten. In der ersten Hälfte lief dies vor allem über Timo Scherer, der an diesem Abend nicht nur selbst mit sieben Toren glänzte, sondern auch eindrucksvoll demonstrierte, was der richtige Laufweg im Handball ausmachen kann. Klappte das Kreuzen einmal nicht und die Wölfe kamen ins gebundene Spiel, machte es Regisseur David Pfiffer, der an diesem Abend so gut aufgelegt war, wie lange nicht. Neben einer perfekten Siebenmeterquote fand er fast immer den richtigen Moment um abzuschließen. In den ersten 11 Minuten gelang es dem Rudel so regelrecht, die Löwen zu überrollen. Als Scherer das 5:11 warf (11. Minute) flog die Grüne Karte und der Unmut bei den Gastgebern war groß. Was auch immer Co-Trainer Torsten Schätzel zu den beiden Unparteiischen sagte, es gab eine Gelbe Karte dafür. Die hatten die Partie bis dato sehr ruhig geleitet und sich auf Verwarnungen und Siebenmeter beschränkt.
So schön die Partie bis dahin für die Wölfe-Fans war, Jürgen Hartz wäre natürlich nicht Jürgen Hartz, wenn er nach 11 Minuten die Flinte ins Korn schmeißen würde, zumal mit Maximilian Hartz sein verlängerter Arm auf dem Feld stand. Die Löwen stellten um auf den siebten Feldspieler, eine Taktik, mit der das Rudel sich bereits gegen den HCD schwer tat. Auch ließen sich die Saarbrücker nun nicht mehr bei jedem Anwurf überrennen. Peu à peu schmolz der schöne Vorsprung der Wölfe dahin, zumal sich nun eine gewisse Nervosität breitmachte. Denn gerade, weil man so schön führte, warf man ohne Not aufs Tor oder wie gegen Diefflen neben ein leeres Tor. Währenddessen zeigte Hartz eine stark Einzelleistung und brachte die Löwen immer näher heran, indem er aus den unmöglichsten Positionen selbst warf oder gekonnt seine Mitspieler in Szene setzte. Nach 21 Minuten nahmen die Wölfe die Auszeit und einmal tief Luft.
Becker, der urlaubsbedingt unter der Woche abwesend war, kam in die Partie. Es gelang dem Rudel, die Löwen weiterhin auf Abstand zu halten, auch wenn Hartz mit dem 17:20 Anschlusstreffer zum Pausenpfiff die Löwen im Spiel hielt.
Nach der Halbzeit wurde die Partie dann richtig furios. Nach dem 18:20 Anschlusstreffer durch Gilcher, erhöhte P. Kewenig, der sich seine Tore an diesem Abend hart erarbeiten musste, aber immer dahin ging, wo es wehtat, wieder auf 18:21. Als Nils Goldau dann den viel zu lässig geworfenen Siebenmeter von Gilcher entschärfte, tobten die Wölfe-Fans und feierten Goldau, der an diesem Abend ohnehin nach jeder Parade – und es waren einige Paraden – von der Mannschaft und seinem persönlichen Motivator Vincent Hein bejubelt wurde. Die Weichen waren gestellt, um die Führung wieder auszubauen. Doch stattdessen kassierte Henkel die erste Zeitstrafe des Abends. Die Partie wurde nun zunehmend ruppiger. Kaum, dass Henkel wieder auf der Platte stand, mussten Gilcher und Becker, die sich wieder einmal näher gekommen waren als der Regelkatalog es vorsieht, ebenfalls für 2 Minuten die Platte verlassen. Die Gastgeber nutzen diese Phase um durch Herausnehmen des TW eine Überzahl zu erzwingen und spielten einfach aber effektiv ihren RA frei. So kamen sie bis auf ein Tor heran. Die Stimmung auf der Platte heizte sich zunehmend auf.
In der 44. Minute gelang es den Gastgebern erstmals seit Beginn der Partie auszugleichen. Im Saarbrücker Publikum machte sich nun, als man merkte, da geht noch was, Stimmung breit. Die Wölfe spielten nun eine Abwandlung der Variante des langen Kreuzes mit dem Außen und versuchten es nun über Rechts mit Henkel. Doch nach kurzen Erfolgen stellte die Saarbrücker Abwehr sofort um und fing den nächsten Ball auf Henkel ab. Als Hartz erneut ausgleichen konnte nahm Kinces die Auszeit für die Wölfe. Die Spannung in der Halle war jetzt greifbar. Kurz darauf entlud sie sich.
Als Henkel, der bis dahin ein gutes Spiel gemacht hatte, im Angriff nicht zu seiner Zufriedenheit abschließen konnte, kam es zu einer unnötigen Tätlichkeit, welche die Unparteiischen sofort mit der Blauen Karte ahndeten. So war das Rudel beim Stand von 29:29 plötzlich in Unterzahl. Doch die Mannschaft zeigte Charakter und gab nicht auf. Ein offener Schlagabtausch entwickelte sich. Doch hatte die Wölfe-Abwehr Hartz nun besser im Griff. Und provozierte durch intelligentes Abwehrspiel Fehler auf Seiten der Löwen und konnte mehrfach Bälle abfangen. J. Kewenig zeigte hier im entscheidenden Moment Köpfchen und brachte die Wölfe erstmal wieder mit 2 Toren in Führung. Die Löwen nahmen die letzte Auszeit. Scherer musste währenddessen mit Kreislaufproblemen behandelt werden, zudem hatte er sich die Lippe aufgebissen. Es ging nun Schlag auf Schlag für das Rudel: Auch Becker musste wegen eines Cuts am Gesicht das Feld verlassen. Die Unparteiischen zeigten sich nun sichtlich nervös die Partie ohne Eskalation zu Ende zu bringen und gaben Kapitän Marcel Rudolph für ein Foul, das auch mit einer Zeitstrafe gut geahndet gewesen wäre die Rote Karte. Das gleiche Schicksal ereilte dann kurz darauf auf der anderen Seite Nicolas Gilcher, wobei Rot hier tatsächlich gerechtfertigt war. Da war die Partie allerdings schon gelaufen. Lennard Sauer, der für Rudolph gekommen war, verpasste die Chance sich noch durch ein Tor zu verewigen und scheiterte am Saarbrücker Schlussmann, doch das war da schon egal. Zwar hatte man sich in der Höhle der Löwen eine blutige Nase geholt, aber endlich, endlich hatte man auch die Punkte mitgenommen.
Es spielten:
Jonas Kewenig 2, Phillip Kewenig 4, Sascha Becker 2, Lukas Schwindling 4. Timo Scherer 7, Karsten Meeusen, David Pfiffer 10 3/3, Lennard Sauer, Simeon Holzer, Marcel Rudolph 5, Nils Goldau, Philipp Henkel 3.
A Laszlo Kinces B Markus Erschens C Christian Trenz D Vincent Hein